Zwei Beiträge von Manfred Bauer, evangelischer Theologe in Dresden

Den Gottesdienst zu besuchen, habe ich nicht übers Herz gebracht... Aber zu der Nachbesprechung bin ich dann in die Unterkirche hinuntergestiegen. Das war eine gute, nachdenkliche und aufschlussreiche Stunde nicht zuletzt durch die Moderation Frank Richters. Ich habe versucht, für mich selbst eine halbwegs freundliche Zusammenfassung zu finden.

H
ier ist sie:

Es gibt Christen, die die Bundeswehr sehr positiv beurteilen. Und es gibt Christen, die eher kritisch auf das Militär schauen. Es ist gelungen, aufeinander zu hören und miteinander zu reden. Was sonst leider ausgesprochen selten geschieht! Es wurde deutlich, dass die unterschiedlichen Einstellungen zum Thema ganz offensichtlich mit den Biografien der einzelnen Personen korrespondieren.

Die einen können (mit einigem Recht) sagen, dass dort, wo die Bundeswehr in bewaffnete Konflikte eingegriffen hat, in Bosnien oder Nord-Afghanistan zum Beispiel, dass es dort nun weniger gewaltsame Auseinandersetzungen gibt. Die anwesenden Offiziere, Christen, glauben wie auch der Innenminister an die Wirksamkeit der Gewaltandrohung und Gewaltanwendung, um Frieden zu erhalten oder zu erzwingen. Ihre Argumente ähneln freilich denen, die manche von uns von Offizieren der NVA kennen. Armee als friedenserhaltende Kraft. Daran müssen wohl alle diejenigen zwangsläufig glauben, die diesen Beruf gewählt haben.

Die anderen Christen bezweifeln, dass solche Art Frieden zu schaffen, nachhaltige Wirkungen erzielen kann oder gar Feindschaft überwinden hilft und Versöhnung zu fördern imstande ist. Sie wünschen sich zivile Projekte, die Ungerechtigkeiten, Feindschaft und Armut bekämpfen, die sie als Quelle gewaltsamer Auseinandersetzungen sehen. Sie beklagen das immense Ungleichgewicht beim Einsatz finanzieller Mittel zugunsten des Militärs und die Rüstung.

Beide Gruppen kamen ausgiebig zu Wort und erhielten jeweils von den eigenen Anhängern Beifall. Wie es nicht anders zu erwarten war. Nun freilich ging es ja um die Frage, ob es dem Anliegen die Versöhnung und des Friedens im Namen Jesu angemessen ist, wenn die Bundeswehr und der Freistaat gemeinsam mit der Stiftung Frauenkirche zu einem Gottesdienst einladen, der außerdem durch die Militärkapelle einen Charakter erhält, der eindeutig von der Einstellung Zeugnis gibt, dass Waffengewalt Frieden stiften kann.

Meine Fragen sind: Was würde Jesus dazu sagen? Auf welcher Seite würde er stehen? Und welches Bild vermittelt seine Kirche in die Öffentlichkeit, wenn sie zu solch einem Militärgottesdienst in die Frauenkirche einlädt? Ist es Jesu-gemäß, auf Waffen zu vertrauen? Und haben wir in der Vergangenheit (nicht zuletzt auch in der Vergangenheit der Frauenkirche) nicht den fatalen Eindruck erweckt, als ob die Kirche Krieg für gerechtfertigt hält oder gar die Waffen segnet?

O
b diese Fragen im Gottesdienst wenigstens andeutungsweisegestellt wurden, wage ich zu bezweifeln. Ich hätte ihn wohl doch besuchen sollen, um es zu erfahren.

Meine Bitte: Befassen Sie sich in der Synode und in der Kirchenleitung mit diesen Fragen und suchen Sie nach Schlussfolgerungen für die Gestaltung von Gottesdiensten in unseren Gemeinden.

                                                                           Manfred Bauer, Dresden


Leserbrief in der Kirchenzeitschrift "SONNTAG" vom 18.05.2014, Seite 9: "Zum Musikkorps der Bundeswehr in der Dresdner Frauenkirche"
 
Es gibt immer solche und solche. Die einen vertrauen auf Gott und auf militärische Gewaltanwendung als Ultima Ratio, als allerletztes Mittel. Die anderen vertrauen auf Gott unddarauf, dass zuallererst Mittel eingesetzt werden, die Gerechtigkeit fördern, Armut bekämpfen, Bildung ermöglichen, damit Konflikte gar nicht erst entstehen beziehungsweise friedlich beigelegt werden können. Die einen haben weltweit einen Billionenetat zur Verfügung, die anderen kämpfen darum, dass endlich die versprochenen 0,7 Prozent des Brutoinlandsprodukts bereitgestellt werden. Es gibt immer solche und solche. Die Frage ist: Auf welcher Seite würde Jesus stehen? Und auf welcher Seite steht seine Kirche? Kirchenferne Zeitgenossen wissen in der Regel sehr genau, wo die Kirche in ihrer Geschichte nicht Jesus gemäß gehandelt hat. Kreuzzüge und Ketzerverbrennungen, Kriegerdenkmäler mit Bibelworten zur Rechtfertigung des Heldentotes, Hakenkreuzfahren in der Frauenkirche und der Eindruck, als würde die Kirche die Waffen gesegnet haben. Welcher Eindruck entsteht, wenn Innenminister, Bundeswehr und Frauenkirche gemeinsam dazu einladen?

                                                    Manfred Bauer, Dresden