Soldaten in der Frauenkirche


DER SONNTAG – Wochenzeitung für die Evangelische Lutherische Landeskirche Sachsens, 23. April 2014, von Christine Reuther

 

Ein Gottesdienst der Dresdner Frauenkirche mit der Bundeswehr ist in die Kritik geraten.


Ein Gottesdienst schlägt hohe Wellen, noch bevor er stattgefunden hat: Am 30. April wird in der Dresdner Frauenkirche ein Musikkorps der Bundeswehr aufspielen. Seit Bekanntwerden dieses Vorhabens reißen die Stimmen dagegen nicht ab.


»Als ich von dem Gottesdienst hörte, hatte ich hauptsächlich ein ungutes Gefühl«, sagt der Sebnitzer Pfarrer Joachim Rasch. Er war in der DDR Bausoldat und engagiert sich in der Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste. Deshalb zögerte er auch nicht zu unterschreiben, als er von einem Aufruf mit dem Titel »Für eine Frauenkirche ohne Militärmusik« hörte. Dieser wurde unterdessen von über 30 Theologen und Kirchenmusikern unterzeichnet.

 

Darin heißt es unter anderem, dienstlicher Auftrag der Bundeswehr und Verkündigungsauftrag der Kirche seien »klar und eindeutig voneinander zu trennen«. Konzerte der Militärmusikkorps liefen Gefahr, vor belastendem geschichtlichem Hintergrund als Traditionspflege und als Werbung für neue kriegerische Aktionen verstanden zu werden. Der Dresdner Pfarrer Erich Busse fürchtet sogar ein »neues Bündnis von Thron und Altar« (siehe DER SONNTAG 17-2014, Seite 9).

 

Frauenkirchenpfarrer Holger Treutmann zeigte sich über diese Reaktionen erstaunt. »Es gibt ja in der Frauenkirche immer wieder Gottesdienste, bei denen wir Brücken schlagen zu verschiedenen Bereichen der Gesellschaft«, sagt er dem Sonntag und nennt als Beispiele die Feuerwehr oder die Johanniter-Unfallhilfe. Andererseits überrasche die Kritik ihn nicht, weil ja die Frauenkirche ein Symbol für Frieden und Versöhnung sei. Viele Menschen könnten Armee »nur ganz schwer mit der Frauenkirche und ihrer Geschichte zusammen denken«. Besonders angesichts der Auslandseinsätze der Bundeswehr und weil Deutschland führend in den Rüstungsexporten sei.

 

In der Andacht – es werde kein Gottesdienst im eigentlichen Sinn sein, aber es erklinge geistliche Musik, so Treutmann – sollen jedoch die Menschen im Mittelpunkt stehen. »Die Bundeswehr ist Teil der demokratischen Gesellschaft und sie kommt nur zum Einsatz mit politischem Mandat«, sagte der Pfarrer. Zweierlei solle im Gottesdienst Raum haben: »Die Nöte der Soldaten und die Verkündigung eines Friedens, der höher ist als alle Vernunft und den wir aus eigener Kraft nicht schaffen.«

 

Ein Kritikpunkt war auch, dass die Bundeswehr zu der Feier einlade. Doch dem sei nicht so, machte die Stiftung Frauenkirche klar: »Veranstalter des Gottesdienstes ist die Stiftung Frauenkirche Dresden, so wie sie es bei durchweg allen Angeboten des Lebens des Gotteshauses ist«, heißt es in einer Presseerklärung. Die Idee zu diesem Gottesdienst sei nach der Flut 2013 entstanden. »Neben der Sammlung von Kollekten zugunsten der Betroffenen regte die Stiftung Frauenkirche Dresden auch einen Gottesdienst für den Einsatz der Bundeswehr an.« Die musikalische Gestaltung sollte deshalb von Musikern des Wehrbereichsmusikkorps III der Bundeswehr übernommen werden. Aufgrund planerischer Schwierigkeiten sei ein Termin erst jetzt zustandegekommen.

 

Immerhin hat die Kritik dazu geführt, dass es im Anschluss an den Gottesdienst eine Diskussion in der Unterkirche geben soll. »Man muss die Sache in Ruhe und mit Augenmaß betrachten«, sagt der Friedensbeauftragte der Landeskirche Johannes Neudeck dazu. Er wird an dem Gespräch teilnehmen. Neudeck koordiniert und begleitet die Friedensarbeit an der Frauenkirche. Er stehe grundsätzlich hinter der Haltung der Stiftung Frauenkirche, räumt jedoch ein: »Natürlich kann ich diejenigen verstehen, die Schwierigkeiten damit haben.« Es gebe auch in den Friedensgremien, in denen er aktiv sei, »ein breites Spekturm des Nachdenkens, ob ein Militärmusikkorps Platz in einer Kirche hat«.

 

Für Pfarrer Rasch aus den Reihen der Widerständler ist es keine Frage: »Natürlich sollen die Menschen, die in außergewöhnlicher Weise für andere im Einsatz sind, auch Gottes Wort hören.« Aber wenn es eine Anerkennung für die Hilfe der Bundeswehr bei der Flut sein soll, dann könnten die Musiker ja auch draußen auftreten.

 

Der Gottesdienst am 30. April (20 Uhr) findet in Kooperation mit dem Sächsischen Innenministerium und der Bundeswehr statt. Die Kollekte geht an den Bahnhofsdienst Dresden des Roten Kreuzes.